Sie sind hier: Ortsverein / Archiv 2003 / 03.02.2003 Ein Jahr HVO

03.02.2003 HVO seit einem Jahr

Jeder Einsatz ist etwas anderes

Hilfsdienste: Seit über einem Jahr gibt´s die "Helfer vor Ort"

Im September 2001 haben die ''Helfer vor Ort'' des Roten Kreuzes (DRK) ihre ehrenamtliche Arbeit im Landkreis Göppingen begonnen. Bis der Rettungsdienst am Unfallort eintrifft, kümmern sie sich um die Erstversorgung der Patienten.

KREIS GÖPPINGEN: Krampfanfall, Herzinfarkt oder Verkehrsunfall - Manfred Neumann hat schon einiges erlebt. Insgesamt 41-mal war der Süßener schon im Einsatz und '' jeder Einsatz ist anders, man muss sich immer wieder neu darauf einstellen'', erklärt der 48-Jährige. Gemeinsam mit 82 ehrenamtlichen Kollegen des DRK setzt er sich als ''Helfer vor Ort'' für den guten Zweck ein.

Im September 2001 hat der Kreisverband Göppingen das Ersthelfer-System nach amerikanischem Vorbild aufgebaut, um die Versorgungslücke zwischen Alarmierung und Eintreffen des Rettungsdienstes zu schließen. ''Bei einem Notfall alarmiert die Rettungsleitstelle in Göppingen den Rettungsdienst und uns gleichzeitig'', erläutert Manfred Neumann den Ablauf. Da die Ersthelfer, ausgerüstet mit einem Notfallrucksack mit den wichtigsten Utensilien, in ihrem eigenen Wohnort eingesetzt werden, können sie schneller beim Patienten sein als Notarzt und Rettungswagen. ''Bis der Rettungsdienst eintrifft, übernehmen wir die Erste Hilfe und versorgen den Patienten'', sagt Neumanns Kollege Stefan Eleuther, der schon 46-mal gerufen wurde.

''Da wir ehrenamtlich arbeiten, ist aber nicht immer gewährleistet, dass wir bei jedem Notfall auftauchen. Wir kommen dann, wenn wir Zeit haben", erklärt Neumann. Manfred Neumann und Stefan Eleuther haben von allen Kollegen bisher die meisten Einsätze absolviert. Sie hatten 43 internistische und 35 chirurgische Notfälle zu betreuen. ''Meistens sind wir nachts oder am Abend unterwegs'', beschreibt Neumann die Aufgabe. Seine Frau habe sich mittlerweile daran gewöhnt, dass er mitten in der Nacht aus dem Bett zu einem Notfall springe. ''Sie hält mir immer die Garagentür auf'', lacht er.

Bei jedem Einsatz hat Neumann, der auch für die Gemeinde Gingen zuständig ist, einen Defibrillator dabei, mit dem bei einem Kreislauf-Stillstand per Elektroschock Hilfe geleistet werden kann. Im Kreis gibt es 24 Geräte, alle sind an die ''Helfer vor Ort'' verteilt worden. Für den Ersthelfer-Einsatz brauchen die Rotkreuzler eine fundierte Ausbildung, für den Umgang mit dem Defibrillator müssen sie eine weitere Schulung absolvieren.

Rettungssanitäter Neumann, der sich außerdem als ehrenamtlicher Katastrophenschutzbeauftragter des DRK engagiert, ist mit Feuer und Flamme bei der Sache. An der Arbeit als ''Helfer vor Ort'' schätzt er, ''dass ich das anwenden kann, was ich gelernt habe.'' Auch seinem Kollegen Stefan Eleuther geht es so. Der 33-jährige Süßener ist bei der Bergwacht des DRK aktiv.

Bei jedem Einsatz wartet etwas Neues auf die Helfer: ''Mal geht es um einen eher harmlosen Ohnmachtsanfall, eine Sportverletzung oder einen ausgekugelten Arm, dann hat jemand einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten'', berichtet Neumann. Sein jüngster Patient war ein acht Monate altes Baby mit Fieberkrampf. In so einem Fall heißt es dann schnell reagieren - und einen kühlen Kopf bewahren. ''Klar gibt es manchmal schlimme Situationen, einen Verkehrsunfall, oder einen Selbstmord'', meint Neumann, ''aber wir müssen bei jedem Einsatz mit so etwas rechnen und damit umgehen können.'' Auch mit Todesfällen.

Doch nicht immer geht es dramatisch zu, manchmal müssen die Helfer auch nur eine Schlägerei schlichten. ''Einmal haben wir zwei Streithähne zu dritt auseinander gehalten'', erinnert sich Neumann.

Und es gibt auch schöne Erlebnisse: ''Patienten, Angehörige und der Rettungsdienst haben bisher sehr positiv auf uns reagiert und sich gefreut, dass wir so früh da waren'', sagt Eleuther. ''Man merkt, dass es den Leuten gut tut, in einer solchen Situation nicht alleine auf den Rettungsdienst warten zu müssen.'' Und Neumann berichtet, dass er vor der Haustür sogar schon einen Brief gefunden hat, worin sich ein Patient für die Hilfe bedankt hat.

KATHRIN SCHOCH